RECHT AUF BILDUNG (Art 9)
Bildung und lebenslanges Lernen sind erforderlich, um an demokratischen Entscheidungsprozessen teilnehmen zu können. Die Welt ist zusammengerückt, ferne Länder sind heute in wenigen Stunden erreichbar, die Zusammenhänge komplexer als es noch vor einigen Jahrzehnten schien.
Durch neue Technologien sind wir zu einer Informationsgesellschaft geworden. Zu einer Wissensgesellschaft werden wir erst dann, wenn wir in die Lage versetzt werden, übermittelte Informationen zu überprüfen und kritisch zu hinterfragen. Wo liegt der Vorteil für den Informations"lieferanten", wo für den Informations"empfänger"? Sind wir fähig und gewillt auf die Nutzung bestimmter Dienste ggf. auch gänzlich zu verzichten, um unsere Marktmacht zu demonstrieren?
Daher ist auch die in einer der früheren Legislaturperioden verfasste Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend als fragwürdig zu betrachten. Hier vertritt man die Ansicht, dass Unternehmen zunehmend in Bereichen aktiv werden sollen, die lange Zeit dem Einfluss des Staates vorbehalten waren. Dabei wird insbesondere das ,,staatlich regulierte Bildungssystem" zur Disposition gestellt. Zunehmend sollen nun ,,philantropisch motivierte Unternehmerpersönlichkeiten informell, spontan und freigiebig mit ihren persönlichen Vorstellungen von 'guter Gesellschaft' in politisch parlamentarische und gesetzliche Verfahren mit eingebunden werden."¹
Nun sollten wir uns fragen, ob es im Sinne des Gemeinwohles ist, wenn sogenannte Unternehmerpersönlichkeiten entscheiden, wie eine "gute Gesellschaft" auszusehen hat. Ein Staat, der seinen Bürgern nur noch eine marktkonforme Bildung zugesteht, erinnert doch sehr an die Epoche des Frühmittelalters, in dem bestimmte Kompetenzen nur dem Klerus und Adel vorbehalten waren. Daher sollten wir jeglichem Lobbyismus an Schulen und Universitäten eine Absage erteilen.
Bildung und die Bewahrung der Grundrechte bedienen einander. Um das Verständnis für andere Menschen, Kulturen und deren Lebensbedingungen zu entwickeln, benötigen wir mehrsprachige Kindergärten sowie ein im Lehrplan verankertes Auslandsschuljahr. Toleranz ist ein Bildungsauftrag. Diese Bewusstseinserweiterung müssen wir jedem Jugendlichen zugestehen, unabhängig vom sozialen Status. Nur als bildungsbewusste Weltbürger werden wir in der Lage sein, eigene Vorstellungen zu entwickeln, wie eine 'gute Gesellschaft' auszusehen hat, in der alle ihren Platz finden.
Quelle:
1 MONITOR ENGAGEMENT, Bürgerschaftliches Engagement von Unternehmen in Deutschland"
http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Service/Publikationen/publikationen,did=1526...